Graben 60, 3300 Amstetten, Errichtung 1856, Umbau 1993: A: Zechner & Zechner ZT, Albert Wimmer, Harald Wallner, BH: ÖBB.
Im Zuge der Corporate Identity-Initiative der ÖBB wurde der bereits seit 1858 bestehende Bahnhof Amstetten im Jahre 1993 umgebaut. Mit leicht wirkenden Materialien wie z.B. Glas und Stahl und durch den Einsatz der Corporate-Design-Farben wurde der Bahnhof heller und benutzerfreundlich gestaltet.
Bearbeitet von Yvonne Fetz, Laurenz Huber, Julia Peham.
Vorplatz Bahnhof Amstetten, 1910.
Vorplatz Bahnhof Amstetten, 2020.
ENTSTEHUNG DES BAHNHOFS
1851 wurde zwischen Österreich und Bayern ein Staatsvertrag abgeschlossen, in dem sich Österreich dazu verpflichtete, die bayrische Bahnlinie ab der österreichischen Grenze von Salzburg bis Bruck an der Mur weiterzuführen. Durch die unerwartet hohen Kosten wurden während der Bauarbeiten die Baupläne 1856 in einem weiteren Vertrag angepasst, die Streckenführung nach Bruck an der Mur wurde verworfen und der weitere Ausbau der „Kaiserin Elisabeth-Westbahn“ von Salzburg direkt nach Wien veranlasst. Bereits im Dezember 1856 eröffnete der Bahnhof in Amstetten. Der ursprüngliche Bau besaß nur ein Gleis und das Bahnhofsgebäude war mit seinen rund 700 m² Grundfläche im Vergleich zu umliegenden Bahnhöfen relativ klein und damit nicht von großer Bedeutung.
Erst mit dem Bau der Kronprinz Rudolf-Bahn wurden die Gleisanlagen erweitert, das Bahnhofsgebäude bekam einen Zubau und eine Schnellbahnstation. Von 1906 bis 1910 wurden vier große Projekte in Amstetten verwirklicht: Die Verlegung der Reichsstraße und der Bau der Reichsstraßenbrücke über den Gleisanlagen, der Bau des Heizhauses mit 32 Lockständen, die Errichtung des Wasserturms sowie der Um- und Zubau des Bahnhofs.
Nach fast vollständiger Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde der Bahnhof schrittweise wieder benutzbar gemacht, die Elektrifizierung der Strecken vorgenommen und 1972 mit dem Beginn des Wiederaufbaus des Bahnhofsgebäudes begonnen. Die Kassenhalle wurde neu gebaut, ein Warteraum, sowie Schulungs-, Spind-, Büro- und Personalräume geschaffen.
Vergleich damals und heute
Benutzen sie den Schieberegler, um den historischen und den aktuellen Zustand direkt zu vergleichen.
WETTBEWERB „NEUE BAHN“
AUSSCHREIBUNG
1989 wurde ein Wettbewerb der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) ausgeschrieben, mit dem Ziel einheitliche Gestaltungsrichtlinien für Um- und Neubauten von Bahnhöfen festzulegen, ein unverwechselbares Erscheinungsbild zu gestalten, eine barrierefreie Durchwegung zu schaffen und den BesucherInnen die Orientierung zu erleichtern. Gemeinsam mit Albert Wimmer und Harald Wallner bildeten Zechner & Zechner als Gewinner des Wettbewerbs das Corporate Design (CD) -Team und erarbeiteten ein verbindliches CD-Manual „Die Neue Bahn“, aufgeteilt in die Module Vorplätze, Aufnahmegebäude, Bahnsteigzugänge und Personentunnel, Bahnsteige, Bahnsteigdächer und Kleinhaltestellen, beim Standort Amstetten wurden die Teilbereiche Aufnahmegebäude (Empfangshalle), Bahnsteigzugänge und Personentunnel, Bahnsteige und Bahnsteigdächer erneuert wurden. Der Bahnhof Amstetten ist einer der ersten Bahnhöfe, bei denen die CD-Initiative der ÖBB umgesetzt wurde. Zum Zeitpunkt des Umbaus in Amstetten war bereits eine Modernisierung nach dem CD-Manual an weiteren 33 Bahnhöfen geplant. Der Umbau des Bahnhofs Amstetten wurde 1996 in Kopenhagen mit dem internationalen „Brunel-Award“ ausgezeichnet.
MATERIALIEN UND FARBEN
Es wurde eine Materialpalette festgelegt, die lange Haltbarkeit, leichte Reinigung und Vandalismusbeständigkeit aufweisen sollte. Bevorzugt wurden Materialien, die einen Bezug zur Industrietechnik haben. Im konstruktiven Bereich wurden die Materialien Beton, Stahl, Leichtmetall und Glas verwendet. Durch die geringen Massen, die diese Materialien benötigen, konnte ein leichtes Erscheinungsbild erzielt werden. Im Ausbaubereich wurden rostfreier Stahl, Aluminium-, Emaille- und Glaspaneele sowie keramische Beläge und Naturstein gewählt. Das „ÖBB-ROT“ ist die Unternehmensfarbe und ist somit auch in der Corporate Architecture wiederkehrend. Die Farbe Rot wird zum Hervorheben der Wegeführung als Farbleitlinie im Wandbereich verwendet. Als Sekundärfarbe findet Dunkelblau in Leitsystemen, Piktogrammen und in Informationsaushängen Anwendung. Neben diesen beiden Farben werden ausschließlich Grautöne in verschiedenen Abstufungen von schwarz bis weiß verwendet.r
EMPFANGSHALLE
Viele Empfangshallen wurden mit der Zeit unübersichtlich und überfüllt. Ziel war es, die Bereiche zu bereinigen und die Beleuchtung zu verbessern. Eigen- und Fremdwerbung wurden eigene Bereiche geschaffen. Einheitliche Piktogramme schaffen einen Wiedererkennungswert und steigern die Benutzerfreundlichkeit. Offene Schalter und angenehme Wartebereiche wurden gestaltet. Geschäftszonen wurden optisch vereinheitlicht und erhielten aufeinander abgestimmte Portalgestaltungen.
BAHNSTEIGDACH
Das Hauptaugenmerk wurde auf eine Verbesserung der Belichtung und die Schaffung angstfreier Zonen am Bahnsteig gelegt. Glasbalustraden bei den Aufgängen der Bahnsteige und vollverglaste Wartebereiche am Bahnsteig tragen zur besseren Lichtsituation bei und beugen durch die leichte Reinigung zusätzlich Vandalismus vor. Informationspunkte wurden übersichtlich gestaltet und erleichtern somit die Orientierung.
PERSONENTUNNEL
Auch bei den Personentunnel wurden die Unternehmensfarben für ein klares Wegeleitsystem verwendet und auf die Materialien Glas und Verbundstein gesetzt. Als durchgehendes Gestaltungselement läuft ein rotes U-Profil, welches das Leitsystem trägt. In den transparenten Schaukästen findet man Informationen zu Fahrplänen übersichtlich und einheitlich gestaltet. Bei größeren Bahnhöfen wurden zusätzlich zu den Treppenaufgängen Rolltreppen angedacht. Zu jedem Bahnsteig führt ein Aufzug, um die Barrierefreiheit zu gewährleisten.
BAHNSTEIGE
Ziel war die Gewährleistung ausreichender Bewegungsfreiheit durch eine optimierte Stützenstellung mit einem geordneten, eingebundenen Informationssystem und ein helles Erscheinungsbild. In Amstetten wurde das Modul „Bahnsteigdach“ erstmalig verwirklicht. Es wurde auf Grundlage der Planungen des CD-Teams ein Prototyp im Maßstab 1:1 auf einem Probefeld mit einer Länge von 13,2 m aufgestellt, an dem die Planung nochmals in Kooperation mit der VOEST-ALPINE Machinery Engineering GesmbH im Detail überprüft und Feinabstimmungen vorgenommen wurden.
QUELLEN
FREIHAMMER, Josef, Die Geschichte des Bahnhof Amstetten, Broschüre zur Eröffnung des Fußgängertunnels und der P+R-Parkplätze des Bahnhofs Amstetten, Amstetten 1987.
GEORGEACOPOL-WINISCHHOFER, Ute/ WEHDORN, Manfred, Baudenkmäler der Technik und Industrie in Österreich, Band 1, Böhlau, Graz-Wien, 1964.
HAUENFELS, Theresia/KRASNY Elke, Architekturlandschaft Niederösterreich, Mostviertel, Salzburg, 2007.
HEIMERL, Josef/MAYRHOFER, J.A., Die Stadt Amstetten, Ein Heimatbuch, Amstetten, 1928. ÖBB, cd-corporate design Architektur, bezogen von Zechner & Zechner.
ÖBB, Basiselemente, Das ÖBB Handbuch für Corporate Design, Konzernkommunikation, 2013.
ÖBB, Des Bahnhofs neue Kleider, NEUE BAHN, ÖBB Mitarbeitermagazin, Ausgabe 1/1991.
WIMMER, Albert / ZIESEL, Wolfdietrich, Modul Bahnsteigdach, Die Neue Bahn, August 1991.
Staatsvertrag zwischen Österreich und Bayern vom 21. Juni 1851 betreffend den Anschluss der auf den beiderseitigen Gebieten zu erbauenden Eisenbahnen, Jahrgang 1852.
http://www.amstetten.at/kultur/stadtarchiv/
bildquellen-und-topotheken/eisenbahnausstellung/ (zul. besucht am 15.03.2021).
http://www.architektur-noe.at/be/detailansicht.php?architekturobjekt_id=96 (zul. besucht am 28.01.2021).
http://amstetten.at/Fotoalben/150%20Jahre%
20Bahnhof%20Amstetten
/album/slides/038.neuer_Bhf_1910.html (zul. besucht am 12.01.2021).
https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Kaiserin_Elisabeth-Bahn (zul. besucht am 15.03.2021).
http://www.haslinger.co.at/de/geschaeftsfelder-referenzen/bahnhoefe-und-u-bahnbau/oebbbahnhof-amstetten/(zul. besucht am 15.03.2021).
https://raumundinformation.com/2017/03/24/
alfred-ritter-und-das-oebb-wegeleitsystem/(zul. besucht am 15.03.2021).
BILDNACHWEISE
Aktuelle Aufnahmen: Yvonne Fetz, Februar 2021.
Historische Aufnahmen: Stadtarchiv Amstetten.
Bahnhof, Piktogramme: ÖBB Basiselemente Corporate Design
https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=
rja&uact
=8&ved=2ahUKEwiO_LLtleDvAhUtg_0HHXVr
CUYQF
jAAegQIAxAD&url=https%3A%2F%2F
www.designtagebuch.de%2Fcd-manuals%2FOEBB-Basiselemente-Corporate-Design.pdf&usg=AOvVaw0sEpQ_Lcl76f9RK2Uf9FFA Bahnhof-107_Dachmodul.jpeg
Plan Modul Bahnsteigdach: bezogen von Zechner & Zechner
Plan Dacherweiterung: http://www.haslinger.co.at/de/geschaeftsfelder-referenzen/bahnhoefe-und-ubahnbau/oebb-bahnhof-amstetten/Bahnhof-114_neuer_Bhf_1910